Die Studie „IT-Trends 2023“ des französischen Consulting-Riesen Capgemini zeigt, worauf sich deutsche, österreichische und schweizerische IT-Führungskräfte in diesem Jahr konzentrieren. Einige spannende Ergebnisse habe ich für euch zusammengefasst.

Stichwort strategische IT-Aktivitäten: Capgemini befragte im Oktober 2022 132 IT-Entscheider:innen in Behörden und Unternehmen in Deutschland (113), Österreich (18) und der Schweiz (1).

Die berücksichtigten Unternehmen erzielen mehrheitlich einen Jahres-Umsatz von mehr als 1 Milliarde Euro und entstammen allen Branchen (Schwerpunkte: öffentliche Verwaltung, Automobil, Finanzdienstleister). Interviewpartner waren Personen auf Geschäftsführungs- und oberer Management-Ebene.

Wohin fließen 2023 die IT-Investitionen?

58 Prozent der Befragten rechnen 2023 mit steigenden IT-Investitionen. Mehrheitlich sollen die Summen helfen, Systemlandschaften zu erhalten. Unternehmen und Behörden wollen vor allem effizienter werden und sich stärker an Kundenbedürfnissen orientieren.

Behörden wollen zudem schneller neue Services entwickeln, während Unternehmen danach streben, Informationen besser auszuwerten und die Datensicherheit zu erhöhen.

Top 5: Die für IT-Entscheider wichtigsten Technologien

Platz 1: Zero Trust. Cyber-Attacken sind allgegenwärtig. Zero Trust bedeutet „Null Vertrauen“ und stellt sicher, dass die IT-Administration des Unternehmens alle Anwender im eigenen Netzwerk wie Externe behandelt – mit entsprechend eingeschränkten Rechten. Mögliche Sicherheitslücken sollen so minimiert werden.

Platz 2: Multicloud-Lösungen sollen Unternehmen von einzelnen Cloud-Anbietern unabhängiger machen und maßgeschneiderte Cloud-Lösungen ermöglichen. Neben dieser bewussten Nutzung einer Multicloud-Architektur entsteht diese auch unwillkürlich: Zum Beispiel, indem verschiedene Abteilungen des Unternehmens unterschiedliche Cloud-Angebote nutzen.

Platz 3: Machine Learning ist eine KI-Technologie, die Muster und Gesetzmäßigkeiten in Daten erkennt und darauf aufbauend selbständig Algorithmen entwickelt. IT-Entscheider erhoffen sich dadurch deutlich geringere Entwicklungsaufwände.

Platz 4: RPA (ohne künstliche Intelligenz) steht für „Robotic Process Automation„. Es automatisiert simple und gleichbleibende Arbeitsprozesse.

Platz 5: IoT-Security. Das „Internet der Dinge“ (Internet-of-Things, IoT) beschreibt physische Gegenstände, die online gehen können. Damit wird alles von einer Fertigungsstraße über Haushaltsgeräte und Autos bis hin zur Smartwatch zum potenziellen Cyber-Angriffsziel. Schutzmaßnahmen bestehen unter anderem darin, Netzwerk-Protokolle automatisch zu analysieren, die Kommunikation von intelligenten Geräten zu beschränken, Passwörter regelmäßig zu ändern und das Update-Management zu verbessern.

Flop 5: Die für IT-Entscheider unwichtigsten Technologien

Platz 23: Virtual & Augmented Technology. Die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung (= Virtual bzw. Augmented Reality) ist für IT-Entscheider der DACH-Region 2023 kein Top-Thema. Anwendungsfälle liegen vor, wenn Teams an unterschiedlichen Standorten gemeinsam virtuell an physischen Objekten arbeiten wollen (z. B. bei Konstruktion, Entwicklung und Wartung).

Platz 24: Eine Mobile Wallet (mobile Brieftasche) ist eine App (z. B. PayPal, Apple Pay, Google Pay), mit der Benutzer bargeldlos zahlen können. In Europa etablieren sich Mobile Wallets nur langsam, während sie sich in China bereits durchgesetzt haben.

Platz 25: Die Distributed-Ledger-Technologie (Technologie verteilter Kassenbücher) ist eine dezentrale Datenbank-Technologie, die fälschungssicher und ohne benötigte Zwischeninstanzen (Intermediäre) Transaktionen dokumentiert. Eine der bekanntesten Distributed-Ledger-Technologien ist die Blockchain. Rund 50 % der von Capgemini befragten IT-Entscheider:innen wollen 2023 keine Distributed-Ledger-Technologien einsetzen. Rund ein Viertel weiß zudem wenig mit dem Begriff anzufangen.

Platz 26: Graphdatenbanken sollen stark vernetzte Daten verwalten und komplexe Abfragen durchführen. Da der Umgang mit ihnen sehr komplex ist, sind viele Unternehmen von dem Vorhaben wieder abgerückt.

Platz 27: Quantencomputing ermöglicht es, äußerst viele Situationen gleichzeitig zu analysieren. Quantencomputer arbeiten mit Quantenbits (kurz Qubits) und können neben den Zuständen 0 und 1 auch beide Zustände gleichzeitig annehmen (00, 01, 10, 11). Während gängige Computer nur sequenziell (nacheinander erfolgend) rechnen können, tun Quantenrechner dies parallel mit mehreren Kalkulationen gleichzeitig. Dennoch ist es 2023 für IT-Entscheider im deutschsprachigen Raum noch ein Nischenthema.

Unternehmens-IT: Ein Schrecken namens Fachkräftemangel

Die von Capgemini befragten IT-Führungskräfte wollen Personal aufstocken, ihre Teams vielfältiger gestalten und mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Auch agile Projektmethoden und Software-Roboter für Routinearbeiten sollen menschliche Teams entlasten.

Diese Bemühungen werden befeuert durch einen sich stetig verschärfenden Fachkräftemangel. Der öffentliche Sektor ist dabei deutlich stärker betroffen als die Wirtschaft.

Stichwort demografischer Wandel: Die befragten Unternehmen gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren durchschnittlich rund ein Viertel der IT-Fachkräfte altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden wird.

Unternehmens-IT @ Nachhaltigkeit

Die „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) der EU verpflichtet europäische Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sowie kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu, einen Nachhaltigkeitsbericht abzugeben.

Die von Capgemini befragten Unternehmen sind motiviert, die jährlichen Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, halten es aber für wenig realistisch, dies zu erreichen.

Künstliche Intelligenz in der Unternehmens-IT

Laut der Capgemini-Studie nutzen rund 40 Prozent der Unternehmen und 22 Prozent der Behörden intensiv oder sehr intensiv KI-Technologien. Erschwert werde der KI-Einsatz durch fehlende Daten.

Behörden werden in ihrer Daten-Nutzung durch Gesetze und interne Vorschriften ausgebremst. Unternehmen dagegen leiden unter internen Daten-Silos, welche vorhandene Datenbestände voneinander isolieren.

Externe Datenquellen sind selten im Einsatz:

  • 82 % der befragten Unternehmen konzentrieren sich auf eigene Daten.
  • 37 % nutzen Informationen aus der Lieferkette.
  • 19 % greifen auf Daten von Wettbewerbern oder Open Data zurück.

Cloud-Computing 2023

Software, Plattformen und IT-Infrastrukturen online nutzen, statt sie als Unternehmen vor Ort (on premises) selbst vorhalten zu müssen: Laut Capgemini nutzten Unternehmen im deutschsprachigen Raum das Cloud-Computing in den vergangenen Jahren stärker.

Inzwischen kämen demnach über 75 % aller IT-Services aus einer Private- oder Public-Cloud. Unternehmen ziehen dabei europäische Provider den außereuropäischen Anbietern vor.

Viele Unternehmen streben eine sogenannte cloud-native Nutzung an: 75 % der derzeitigen Cloud-Anwendungen wurden ursprünglich nicht für die Rechnerwolke entwickelt. „cloud-native“ bedeutet, dass Anwendungen speziell für den Cloud-Betrieb geschaffen werden. Es handelt sich unter anderem um Software, die aus sich selbst heraus ausführbar ist (sog. Container- und Microservices-Technologien).

IT-Trends 2023: Wohin geht die Technologie-Reise?

Es scheint, als wären IT-Entscheider:innen im deutschsprachigen Raum vor allem auf Sicherheit bedacht, weniger auf Fortschritt. Einzig die Punkte KI (maschinelles Lernen) und Cloud-Computing muten progressiv an.

Ob Technologien oder digitale Geschäftsmodelle: Reichen wird das nicht, um in Sachen Digitalisierung weltweit den Anschluss zu halten. Digitalisierung im Eilschritt findet aktuell hauptsächlich in Nordamerika und China statt.

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