Euer Blogger (Generation X) mag keine Pauschalisierungen. Hat er nie, wird er nie. Auch wenn unser Gehirn am liebsten im Energiesparmodus arbeitet, ist es unsere Pflicht, stets und überall zu differenzieren. Das gilt auch, wenn wir auf die Menschen blicken, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden: Glauben wir allen Ernstes, dass diese (in Deutschland) rund 12,5 Millionen Personen der sogenannten Generation Z alle gleich gestrickt sind?

Menschen der sogenannten Generation Z werden häufig pauschal abgewertet.
Menschen der sogenannten Generation Z werden häufig pauschal
abgewertet.


Zwei Gespräche der jüngeren Vergangenheit
zeigten mir, wie tief verankert Negativklischees über die sogenannte Generation Z (GenZ) sind: Zunächst polterten meine Friseurin und ihre Mitarbeiterin (die eine Mitte 60, die andere Anfang 30 und damit fast selbst noch GenZ) los, wie unzuverlässig, verwöhnt und arbeitsscheu „die Jugend“ sei.

Auf meinen Einwand hin, dass sicherlich nicht alle GenZ-Menschen so seien, gaben beide empört zurück:

„Die meisten aber schon!“

Einige Tage später – es war ein warmer Sommerabend in der Nürnberger Altstadt
– saß ich mit Metal-Kumpel Andi und einer Bekannten von ihm im kopfsteingepflasterten Außenbereich der Mittelalter-Taverne „Finya“ (netter
Laden, schreckliche Bedienung).

Andis Bekannte (nicht die Bedienung), eine Krankenschwester Ende dreißig, redete sich zusehends in Rage: Ihre jungen Kolleg*innen (= GenZ) seien alle faul und würden dauernd krankfeiern. Wie bereits beim Friseur brachte ich in ruhigem und diplomatischem Ton vor, dass sicherlich nicht alle so seien – und erntete erneut ein empörtes …

„Die meisten aber schon!“

Mir wurde klar: Es war Zeit für wissenschaftliche GenZ-Fakten. Meine Google-Recherche führte mich zunächst auf die Seiten eines selbsternannten Futuristen …

Gibt es typische Merkmale der Generation Z?

Simon Schnetzer bezeichnet sich selbst als „Jugendforscher, Speaker und Futurist“. Er wird von großen Medien zitiert (aber auch kritisiert) und stellt unter anderem folgende Thesen auf:

➤ Die Generation Z hat große Probleme damit, Entscheidungen zu treffen.

➤ Die Generation Z ist äußerst unverbindlich.

Ich glaube dem speakenden Futuristen gerne, dass er überzeugt von seinen Thesen ist. Aber ich tue mich schwer mit derartigen Pauschalurteilen:

Das menschliche Gehirn ist strukturell in den letzten tausenden Jahren ziemlich stabil geblieben. Auch das limbische System tickt bei der Generation Z nicht anders als bei früheren jungen Generationen. Die wissenschaftlichen Quellen zu diesen Aussagen habe ich euch am Ende des Beitrags verlinkt.

Ob jemand entscheidungsfreudig oder -schwach, unverbindlich oder gewissenhaft ist, wird auch in der Personengruppe der zwischen 1995 und 2010 Geborenen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Wir sprechen hier von rund 12,5 Millionen Menschen in Deutschland mit einem Altersunterschied von bis zu 15 Jahren.

Was berichten andere GenZ-Studien?

Generation Z: Zwei wohltuend differenzierende Studien und die Sicht der Arbeitspsychologie

Studie I: Friedrich-Ebert-Stiftung – „Erwerbsorientierung und die GenZ“

Wikipedia, übernehmen Sie:
„Die Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. (FES) ist die älteste sogenannte parteinahe Stiftung in Deutschland und steht der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) nahe.“

Die GenZ-Studie der Stiftung aus dem Jahr 2024 kommt unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

➤ Labels wie „GenZ“ unterstellen eine einheitliche Generation, die es so nicht gibt.

➤ Die Generation Z ist in sich genauso verschiedenartig wie die Gruppe der
Erwerbstätigen insgesamt.

Das klingt in meinen Ohren schon deutlich differenzierter. Blicken wir auf eine weitere Studie:

Studie II: Shell-Jugendstudie 2024

Wikipedia sagt:
„Die Shell Jugendstudie ist eine empirische Untersuchung der Einstellungen, Werte, Gewohnheiten und des Sozialverhaltens von Jugendlichen in Deutschland, die vom Mineralölkonzern Shell seit 1953 herausgegeben wird. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein Bestandteil einer umfassenden Sozialberichterstattung etabliert und wird in Fachkreisen als Referenzwerk wahrgenommen.“

In der 2024er-Ausgabe steht unter anderem:

➤ Zwei Drittel der Jugendlichen sind bereit, mehr zu arbeiten, um dadurch mehr Geld zu verdienen.

➤ Die sogenannte GenZ ist so vielfältig wie nie zuvor (Herkunft, wirtschaftliche Situation, politische Einstellung, sexuelle Orientierung).

➤ 81 Prozent der befragten GenZ-Menschen gaben an, Angst vor einem Krieg in Europa zu haben. Viele sorgen sich zudem um …

  • … die wirtschaftliche Lage,
  • wachsende Armut,
  • Klimawandel und Umweltverschmutzung,
  • soziale Ungleichheit,
  • und eine „wachsende Feindseligkeit zwischen den Menschen“.

➤ Jugendliche in Deutschland zeigen laut der Shell-Studie eine auffallend hohe Gesamttoleranz. Dabei sind die jungen Frauen „woker“ (vegane Ernährung, Feminismus, bunte Gesellschaft) als die jungen Männer. Letztere bevorzugen Themen wie Männlichkeit, Autos und Markenkleidung.

➤ Das Gendern lehnen 42 Prozent der Jugendlichen ab, 33 Prozent der Mädchen und 12 Prozent der Jungen sprechen sich dafür aus.

➤ Die junge Generation ist kritisch gegenüber Informationskanälen wie YouTube, TikTok, X (ehemals Twitter) oder Instagram. Klassische Medien (ARD, ZDF,
überregionale Zeitungen) halten sie für „(sehr) vertrauenswürdig“.

Die Sicht der Arbeitspsychologie

Sehr spannend ist zudem, was Arbeits- und Organisationspsychologe Hannes Zacher von der Universität Leipzig berichtet. Im Fachmagazin „Psychologie Heute“ (Link zur Quelle am Beitragsende) schreibt er:

„Generationen mit markanten Namen wie ‚Millennials‘ oder ‚Gen Z‘ werden von
Unternehmensberaterinnen, Journalisten und Wissenschaftlerinnen erfunden, um
Unterschiede in Werten, Einstellungen und Verhalten zu erklären.“

„Aus theoretischer Sicht gibt es keinen guten Grund, kontinuierliche Merkmale wie Alter oder Geburtsjahr in künstliche Gruppen mit willkürlichen Grenzen einzuteilen.“

„Generationalismus, eine Art umgekehrte Altersdiskriminierung, gibt es bereits seit der Antike. Die Abwertung der anderen dient dabei der Aufwertung der eigenen Gruppe, zum Beispiel wenn Lehrer über ‚die Schüler von heute‘ schimpfen. Generationalismus kann zu schlechter Behandlung und Ausgrenzung von jungen Menschen und zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen führen.“

Die vom Arbeitspsychologen genannten Gefahr der sich selbsterfüllenden
Prophezeiung sehe ich zu 100 Prozent. Schauen wir uns das abschließend genauer
an:

GenZ: „Die meisten aber schon!“ – Die Gefahr einer self-fulfilling prophecy

Wikipedia, übernehmen Sie:
„Eine selbsterfüllende Prophezeiung (englisch self-fulfilling prophecy) ist eine Vorhersage, die ihre Erfüllung selbst bewirkt. […]. Ein wesentlicher Mechanismus ist, dass Menschen […] an die Vorhersage glauben. […]. Es kommt zu einer positiven Rückkopplung zwischen Erwartung und Verhalten. […]. Die vordergründige Gültigkeit der selbsterfüllenden Prophezeiung führt eine Herrschaft des Irrtums fort. Denn der Prophet wird den tatsächlichen Gang der Dinge als Beweis dafür anführen, dass er von
Anfang an recht hatte.“

Heißt bezogen auf unser GenZ-Thema:

➤ Wenn wir weiterhin stark davon ausgehen, dass „diese junge Generation“ mehrheitlich oder gar in Gänze faul, verwöhnt, arbeitsscheu, unverbindlich oder sonst in irgendeiner Form „defizitär“ sei, …

➤ … werden wir unsere Wahrnehmung entsprechend ausrichten und – noch schlimmer – diesen jungen Menschen exakt diese Verhaltenserwartung rüberschieben – bis sie sich tatsächlich so verhalten.

Würdet ihr so behandelt werden wollen? Ich nicht.

Deshalb: Statt uns in unhaltbaren Pauschalurteilen zu ergehen, ist es unser Job als ältere Generationen, der Jugend die Chance zu geben, die beste Version ihrer selbst zu werden.

Die Zeiten waren nie leicht und werden es auch nie sein. Innere Stärke und Zuversicht sind wichtiger denn je. Sätze der Sorte „Die meisten GenZ-Menschen sind [hier negative Charakterisierung einfügen]!“ helfen keinem jungen Menschen, diese wichtigen inneren Ressourcen aufzubauen.

Quellen:

Link-Tipps:


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