Man erlebt einiges mit Marketing-Agenturen – und weiß Gott nicht alles lässt einen jubeln. Euer Blogger zeigt euch, wie ihr die guten von den schlechten Dienstleistern unterscheiden könnt.
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(Richtung / Pixabay-Lizenz) |
Wenn es im Unternehmen an Marketing-Knowhow fehlt, sind gefährlichem Halbwissen und schlechter Beratung von außen Tür und Tor geöffnet. Leider gibt es nicht wenige Agenturen, die genau das ausnutzen.
Let the show begin:
Die A-Mannschaft bezirzt euch, die C-Truppe beliefert euch
Teils hatte ich in der Vergangenheit sogar das Gefühl, es mit der Z-Mannschaft zu tun zu haben. Aber der Reihe nach:
Wenn es darum geht, einen Kunden zu gewinnen, schicken Werbe-Agenturen gerne ihre eindrucksvollsten Vertreter. Die seht ihr aber nach dem Kennenlernen oft nie wieder. Stattdessen beschäftigen manche Marketing-Dienstleister hinter den
Kulissen Heerscharen von Werkstudenten, Praktikanten, Volontären und Trainees, die dann texten, photoshoppen oder schlimmstenfalls konzeptionieren sollen.
Euer Blogger erinnert sich an einen Fall in einem früheren Job, als die von einer Agentur gelieferten Web-Texte wöchentlich immer schlechter wurden: Texte wie Amtsschreiben – kalt, sperrig, ungenießbar. Welten davon entfernt, User auf einer Webseite zu aktivieren. Die Machwerke erinnerten mich an gestelzte Seminararbeiten im Grundstudium. Wie nah doch meine Intuition an der Wahrheit sein sollte…
…zu jener Zeit arbeiteten wir mit Google Docs, dem Online-Textverarbeitungs-Tool des
Suchmaschinenriesen. Bearbeitete jemand den Text, erschien die Person (sofern in ihrem Google-Konto eingeloggt) namentlich im Dokument. Da mir eine dort immer wieder auftauchende Redakteurin in der Zusammenarbeit mit der Agentur nie begegnet war, googelte ich sie – und fühlte mich bestätigt: Es handelte sich laut Xing um eine Studentin im Grundstudium, die wohl im Auftrag der Agentur Texte für uns schreiben sollte.
Bitte richtig verstehen: Es gibt Werkstudenten:innen, die bombastisch gut texten können. Wenn aber die Textqualität derart in den Keller kracht wie im damaligen Fall, wird offensichtlich, dass die Agentur folgende Rechnung aufgemacht hatte:
Sie schickte die A-Mannschaft, um den Kunden zu gewinnen, lässt es dann aber die Hilfskraft umsetzen. Profi-Texter:innen verlangen 50-85 Euro pro Stunde, der Werkstudent wird durchschnittlich bei 12-15 Euro liegen. Das mag für die Gewinnmarge der Agentur gut sein – für den Auftraggeber ist es einfach nur schädlich, wenn deshalb die Text-Qualität massiv leidet.
Der Auftraggeber als Weihnachtsgans,…
…die es auszunehmen gilt. Manche Werbe-Agenturen gehen davon aus, auf Unternehmensseite so wenig Wissen vorzufinden, dass sie nur penetrant genug
„beraten“ müssen, um Umsatz zu machen.
Den Vogel diesbezüglich schoss ein Marketing-Dienstleister ab, der mir ebenfalls in einem früheren Job begegnete: Es ging um eine Online-Kampagne im B2C-Bereich. Wir baten um eine Konzeption – und bekamen ein „Bestellformular“. Ungelogen
präsentierte diese Agentur eine Ansammlung aller möglichen (und unmöglichen) Marketing-Disziplinen. Und wir sollten „ankreuzen“, was wir haben wollten.
Hallo? Strategie („Was wollen wir erreichen“)? Zielgruppendefinition („Wen wollen wir erreichen“)? Erfolgskontrolle („Wie überprüfen wir, ob wir erfolgreich sind“)? Komplette Fehlanzeige. Es spottete jeder Beschreibung. Der Dienstleiter agierte gemäß der Devise: „Je mehr wir denen in Rechnung stellen können, desto besser. Ob es zielführend ist – egal!“.
Garniert wurde dieser unerquickliche Budenzauber mit einem wiederkehrenden
Tonfall, der sich nur noch mit „unverschämt“ und „misstönend“ beschreiben lässt.
Nein, SEO kann nicht jeder
Je komplexer die Online-Marketing-Disziplin, desto größer das Risiko, an Geld
verbrennende Amateure und Blender zu geraten.
„SEO-Spezialist“ darf sich jeder nennen (so wie „Journalist“, „Berater“ oder
„Life-Coach“). Die meisten Unternehmen wissen, dass sie Suchmaschinenoptimierung brauchen, und vertrauen oft blind auf externe „Expertise“. Eine Steilvorlage für Schaumschläger jeglicher Couleur.
Einst erzählte mir der Chef eines mittelständischen Reisebüros von einem besonders dreisten Fall: Er arbeitete mit einer SEO-Agentur zusammen, die ihm empfahl, Rückverlinkungen (Backlinks) zu kaufen, um höher bei Google zu ranken. Der arme Mann vertraute unwissend auf diesen Russisch-Roulette-Rat, investierte einen vierstelligen Betrag – und bekam die Quittung in Form einer fulminanten Google-Klatsche, die seine Rankings abstürzen ließ. Grund: Link-Kauf erachtet der Suchmaschinenriese als Manipulationsversuch. Fliegt der auf, gibt es vom Algorithmus ordentlich auf die Mütze.
So weit, so schlimm. Das hielt diese SEO-Agentur jedoch nicht davon ab, weiter
„umsatzorientiert“ zu denken: Man forderte vom Reisebüroleiter, er solle jetzt nochmal einen vierstelligen Betrag locker machen, dann würde man die schädlichen Links entfernen…
Super! Was für ein Geschäftsmodell! Ich verlange Geld von euch, um Müll in euer Wohnzimmer zu schmeißen. Und verlange dann einfach nochmal Geld, um den
Müll wieder rauszuschaffen. Ist das jetzt dumm? Oder dreist? Oder dummdreist?
Marketing-Agenturen: So erkennt ihr Amateure & Blender
1. Fragt ein konkretes Szenario ab: „Wir wollen eine Online-Kampagne für unser Produkt bzw. unseren Service im B2C/B2B-Bereich durchführen. Was würden Sie als Agentur empfehlen?“
Wenn ihr daraufhin Antworten hört wie „Da empfehlen wir Instagram“ oder „Sie sollten Guerilla-Marketing erwägen“ oder „Litfaßsäulen-Werbung ist gut“, dann schickt die Agentur gleich wieder nach Hause.
Profis erkennt ihr daran, dass sie euch als Erstes fragen würden, a) was ihr messbar (!) mit der Kampagne erreichen wollt und b) wen ihr damit erreichen wollt. Operative Maßnahmen leiten sich immer aus den strategischen Zielen ab, nie die Ziele aus den Maßnahmen. Oder würdet ihr ohne Karte, Kompass und nautische Kenntnisse bei dichtem Nebel nachts in unbekannten Gewässern segeln wollen?
2. Sprecht das „Werkstudenten-Thema“ offen an. Wer würde sich auf Agentur-Seite um die Umsetzung eures Marketings kümmern? Wie lange ist die Person schon in der Agentur? Die Personal-Fluktuation ist in vielen Agenturen sehr hoch.
3. Hört euch der Dienstleister zu? Klingt banal, ist aber entscheidend: Ich erlebte einst einen Agenturleiter, der Kunden in seinen selbstgefälligen Monologen regelrecht ertränkte. Der mindestens fünfmal den Punkt überschritt, an dem man sein Gegenüber zu Wort kommen lassen sollte. Wie soll so jemand eure Perspektive verstehen, geschweige denn die eurer Zielgruppe?
4. SEO-Special: Möchtegern-Suchmaschinenoptimierer identifiziert ihr leicht mit zwei Test-Fragen:
➤ Test-Frage 1: „Wir haben gehört, man könne Backlinks kaufen, um seine Google-Rankings zu verbessern. Stimmt das?“ Antwortet die Agentur darauf nicht mit einem eindeutigen „Davon raten wir Ihnen dringend ab“, könnt ihr sie gleich wieder verabschieden.
➤ Test-Frage 2: „Wie viele h1-Tags sollte es auf einer Webseite geben?“. Wer euch daraufhin etwas von Bleistift-Stärken erzählt oder euch schweigend anstarrt, hat sich zumindest gleich als Amateur geoutet. Wer dagegen sagt, es solle nur eine h1-Überschrift pro Seite geben, weiß zumindest, um was es geht – ist aber nicht auf dem neuesten Stand. Wer antwortet, laut Google könne es so viele h1-Tags wie gewünscht auf einer Seite geben, es sei aber dennoch anzuraten, wohl dosiert und vor allem keywordoptimiert damit umzugehen, der hat es sich zumindest fachlich verdient, dass ihr ihm weiter zuhört.
Marketing-Agenturen: Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Ich bin überzeugt davon, dass es da draußen tolle Werbe-Agenturen gibt (und ich durfte auch einige kennenlernen). Aber die „dunkle Seite“ ist leider ebenso präsent.
Darunter leidet die gesamte Marketing-Branche – immer wieder abzulesen an
entsprechenden Umfrage-Ergebnissen, bei denen die Marketing-Job-Bezeichnungen ganz unten in der öffentlichen Wahrnehmung rangieren.
Ich hoffe, dieser Beitrag hilft euch, bei eurer Agentur-Wahl die Spreu vom Weizen zu trennen.
Viel Erfolg!
Link-Tipp:
- Performance Marketing: Schöpft ihr Wert oder verbrennt ihr Geld?
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