Vom Entwurf bis hin zu den Aftersales-Aktivitäten: Traditionelle Unternehmen arbeiten entlang einer linearen Wertschöpfungskette, was sie zu sogenannten Pipeline-Unternehmen macht. Um im digitalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen sie sich mit den Mechanismen digitaler Plattformen vertraut machen.
Warum Google, Amazon, Airbnb & Co. als Plattform-Player klassischen Pipeline-Unternehmen oftmals überlegen sind, beleuchtete mein Beitrag „Plattform-Ökonomie: So deklassieren Google & Co. die DAX-Unternehmen„. Jetzt geht es um die Frage, wie ein Pipeline-Unternehmen zu einer Plattform werden kann.
Die Autoren Geoffrey G. Parker, Marshall W. Van Alstyne und Sangeet Paul Choudary („Die Plattform-Revolution“) sind überzeugt: Wenn traditionelle Pipeline-Unternehmen im Zeitalter digitaler Plattformen mithalten wollen, müssen sie ihr Geschäftsmodell überprüfen.
Die Experten empfehlen Pipeline-Unternehmen, sich folgende Fragen zu beantworten:
➧ Kann das Unternehmen intern gemanagte Geschäftsprozesse an Lieferanten oder Kunden auslagern?
Beispiel Hotelgewerbe: Im Gegensatz zum klassischen Hotelier (Pipeline-Unternehmen) besitzt Airbnb (Plattform-Unternehmen) selbst keinerlei Wohnraum. Das Bereitstellen von Unterkünften wurde komplett an die User der Plattform ausgelagert.
Beispiel Verlagswesen: Der gedruckte Brockhaus (Pipeline-Unternehmen) brauchte viele professionelle Autoren und Schlussredakteure. Wikipedia (Plattform-Unternehmen) dagegen lagert die Content-Erstellung und die Content-Qualitätskontrolle komplett an die User/Leser aus.
➧ Können externe Partner helfen, Produkte und Services zu schaffen, die für die Bestandskunden des Unternehmens wertschöpfend sind?
Beispiel Social Media: Privatpersonen und Unternehmen stellen Content auf Facebook bereit. Dieser wird von den Usern als Werte-Einheit empfunden, mit der sie interagieren (liken, teilen, kommentieren). Die dadurch entstehende Datengrundlage ermöglicht es Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen reichweitenstark und zielgruppengenau auf Facebook zu bewerben.
Beispiel Amazon: Händler bieten auf der E-Commerce-Plattform ihre Produkte, während die Käufer die Händler und Produkte bewerten. Amazon stellt die Plattform und hat auf ihr selbst eine Händler-Rolle inne.
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(Cooperation unter CC0 1.0) |
➧ Kann das Unternehmen mit Wettbewerbern kooperieren, um hochwertige Services für seine Kunden zu schaffen?
Beispiel Automobil-Industrie: Audi, BMW und Daimler übernahmen 2015 zu je einem Drittel den Online-Geodienst Here.com.
Beispiel Finanzsektor: Nachdem sie diese anfangs bekämpften, suchen etablierte Banken nun die Kooperation mit jungen FinTechs.
Kurzum: Wer sich künftig als Unternehmen komplett zuknöpft, wird kaum bestehen können. Das zugehörige Schlagwort lautet „Coopetition“ (eine Wortschöpfung aus „Cooperation“ und „Competition“, Kooperation und Wettbewerb).
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(Forward unter CC0 1.0) |
Von der Pipeline zur Plattform: Aktuelle deutsche Beispiele
Zwei etablierte deutsche Pipeline-Unternehmen wagen 2017 den Schritt in die Plattform-Ökonomie:
➧ Karstadt gründete die Karstadt Marktplatz GmbH.
➧ Rewe wird zum Online-Marktplatz.
Laut Parker, Van Alstyne und Choudary gilt: Wenn es Pipeline-Unternehmen gelingt, Produkte und Services datenbasiert und interaktiv miteinander zu verknüpfen, können sie sich wie Plattformen verhalten.
Kann ein Unternehmen Informationen und eine Community wertschöpfend für ihre Produkte/Services einsetzen, besitzt es die Basis für ein tragfähiges Plattform-Geschäftsmodell. Genau das wagen Karstadt und Rewe derzeit – und zeigen damit, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben.
Lasst es mich wissen: Wie schätzt ihr das Szenario „Pipeline- versus Plattform-Unternehmen“ ein?
Quelle & Lese-Tipp:
- Choudary, Van Alstyne, Parker: Die Plattform-Revolution
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